Über die Compliance hinaus denken: Was aus unternehmerischer Sicht für die Beantragung eines LEIs spricht
Wie Sie klügere, wirtschaftlichere und verlässlichere Entscheidungen über die Wahl geschäftlicher Vertragspartner treffen können
Autor: Stephan Wolf
Datum: 2017-06-29
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Bisher haben sich die Diskussionen über die Einführung des Legal Entity Identifier (LEI) hauptsächlich auf Initiativen konzentriert, die für die Rechtsträgeridentifikation im regulatorischen Berichts- und Aufsichtswesen von Relevanz sind. Dies ist Ausdruck des unmittelbaren Ziels, das mit der Einführung des LEI-Standards nach der Finanzkrise verfolgt wird: die Fähigkeit von Behörden zu verbessern, um systemische und entstehende Risiken zu evaluieren, Trends zu identifizieren und Korrekturmaßnahmen zu ergreifen.
Wie die aktuelle LEI-Population zeigt, haben diese Bemühungen ausgezeichnete Ergebnisse gezeitigt. Ende Juni 2017 waren rund 520.000 an Rechtsträger vergebene LEIs aktiv, hauptsächlich in den Derivatemärkten. Die meisten dieser Rechtsträger sind in den USA und in der Europäischen Union (EU) niedergelassen. Dort ist die Verwendung von LEIs gesetzlich vorgeschrieben, um die Gegenpartei einer Transaktion im regulatorischen Berichtswesen eindeutig identifizieren zu können. Zu diesen Regularien zählen der Dodd-Frank Act, die Infrastrukturverordnungen für den europäischen Markt (European Market Infrastructure Regulations, EMIR) und die in Kürze in Kraft tretende überarbeitete EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II) und die Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente (MiFIR). (Weitere Informationen zur aufsichtsrechtlichen Verwendung des LEIs finden Sie untenstehend unter „Links zum Thema“.)
Trotz des bisherigen Erfolgs sind wir davon überzeugt, dass das Global LEI System über das Potenzial verfügt, auch der breiteren Geschäftswelt Vorteile zu verschaffen. Organisationen weltweit müssen sich nicht nur mit den Aufsichtsbehörden gut stellen. Sie müssen auch klügere, wirtschaftlichere und verlässlichere Entscheidungen über die Wahl geschäftlicher Vertragspartner treffen können.
GLEIF Video: Verbindung der Unternehmensdaten
Beantragen Sie einen LEI und setzen Sie ihn nutzbringend für sich ein: Die Privatsektor-Gelegenheit
Weltweit befassen sich derzeit Unternehmen damit, wie ein gemeinsames System zur Rechtsträgeridentifikation entwickelt und implementiert werden kann, das als zentrale Stelle für die Identifikation von Marktteilnehmern und die Zusammenführung von Daten dienen könnte. Die Identifikation von Rechtsträgern kann zeitaufwändig, teuer und kompliziert sein; die meisten Organisationen unterhalten keine Datenbank, die aktuelle Referenzdaten zu vorhandenen oder potenziellen Kunden, Geschäftspartnern und Gegenparteien zusammenträgt. Die Erfassung und Pflege der damit verbundenen Daten stellt für den gesamten Markt einen erheblichen Replikationsaufwand dar. Er bindet Ressourcen, die an anderer Stelle produktiver eingesetzt werden könnten.
Doch reicht die Erfassung von großen Datenmengen alleine nicht aus. So bedarf es laut einem im Juli 2016 in der Financial Times erschienenen Artikel einer Möglichkeit, „mit der sich die Verbindungen zurückzuverfolgen lassen, die zwischen Unternehmen bestehen, die in verschiedenen nationalen Rechtsräumen verstreut sind“. Bisher ist es sehr schwierig, dazugehörige Informationen zurückzuverfolgen, insbesondere in Bezug auf grenzüberschreitende Unternehmensstrukturen. Immerhin gibt es Abertausende von an globalen Börsen notierten Unternehmen – und Millionen anderer, die in nationalen Registern geführt werden. Letztere Gruppe stellt ein größeres Problem dar, weil die Registerlandschaft äußerst fragmentiert ist.
Das Problem ist, dass bis heute Referenzdaten über Rechtsträger proprietär, isoliert und nicht standardisiert sind.
Wie lautet also die Lösung? Positiv ist, dass es eine Lösung gibt und dass gute Fortschritte in Bezug auf die Umsetzung gemacht wurden und werden. Diese Lösung heißt: Global LEI Index (siehe „Links zum Thema“ unten). Aufgrund der von der Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF) angebotenen Dienstleistungen ist dies eine kostenlose Online-Quelle, die offene, standardisierte und hochwertige Rechtsträger-Referenzdaten anbietet und das Potenzial hat, jeden an Finanztransaktionen beteiligten Rechtsträger weltweit zu erfassen. Der Global LEI Index ermöglicht eine effiziente, transparente und vertrauenswürdige Identifikation von Rechtsträgern.
Die bisher in den LEI-Referenzdaten enthaltenen Visitenkartendaten, wie z. B. der offizielle Name eines Rechtsträgers und sein registrierter Gesellschaftssitz, geben die Antwort auf die Frage „Wer ist wer?“. Künftig wird der LEI-Datenbestand nach und nach um die Informationen erweitert, die eine Antwort auf die Frage „Wer gehört wem?“ geben. Mit diesen Daten können die direkten und ultimativen Muttergesellschaften eines Rechtsträgers bestimmt und umgekehrt die Rechtsträger, die einzelnen Unternehmen gehören, recherchiert werden. Durch die Veröffentlichung von Daten, die darlegen, wer wem gehört, stellt GLEIF eine einzigartige und kostenlose Datenquelle bereit, mit der Unternehmen basierend auf offenen, standardisierten und qualitativ hochwertigen LEI-Daten weltweit einander zugeordnet werden können.
Die Vorteile, die der Global LEI Index bietet, verhelfen Unternehmen in allen Bereichen dazu, Kosten zu senken, Geschäftsvorgänge zu vereinfachen und zu beschleunigen sowie tiefere Einblicke in den globalen Markt zu gewinnen. Wenn sich Ihre Gegenparteien – Unternehmenskunden, Anbieter und sonstige Geschäftspartner – allesamt eindeutig, einfach und schnell anhand des LEIs identifizieren ließen, würden sich daraus Kostenvorteile und neue Geschäftsgelegenheiten ergeben. Der Zugriff auf den LEI-Datenpool und dessen Nutzung könnte für zahlreiche Anwendungen, wie beispielsweise Risikomanagement, Compliance und Kundenpflege (Client Relationship Management), von Vorteil sein.
Die Vorteile, die der Global LEI Index der Geschäftswelt bietet, nehmen in dem Maße zu, wie der LEI zum Einsatz kommt. Unsere Botschaft an Unternehmen weltweit ist daher: Beantragen Sie einen LEI und setzen Sie ihn nutzbringend für sich ein.
Wir können noch keine komplette Lösung für das Problem der Transparenz anbieten. Mit zunehmender Verwendung des LEIs kommen wir dieser Lösung jedoch immer näher. Zur Beschleunigung des Fortschritts müssen wir eine stärkere Kohärenz und verbesserte Zusammenarbeit fördern, um eine höhere Übernahme und Umsetzung geteilter Open-Data-Grundsätze, Standards und bewährter Verfahren in allen Sektoren weltweit voranzutreiben.
GLEIF wird sich in Zusammenarbeit mit unseren Partnern im Global LEI System auch weiterhin auf die Optimierung der Qualität, Zuverlässigkeit und Nutzbarkeit von LEI-Daten konzentrieren, was es Marktteilnehmern ermöglicht, von dem Informationsreichtum, den die LEI-Population bietet, zu profitieren.
Im digitalen Zeitalter ist der LEI die zentrale Stelle zur Verbindung von Unternehmensdaten im Rahmen der Rechtsträgeridentifikation. Wir appellieren an Organisationen des privaten und öffentlichen Sektors weltweit, die Vorteile, die mit dem Führen eines LEIs verbunden sind, in Erwägung zu ziehen und die Vorteile des Angebots voll wahrzunehmen.
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Stephan Wolf war der CEO der Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF) (2014–2024). Seit März 2024 leitet er das Industry Advisory Board (IAB) der Digital Standards Initiative der Internationalen Handelskammer (ICC), der globalen Plattform für die Angleichung, Einführung und Einbindung digitaler Standards. Vor seiner Ernennung zum Vorsitzenden war er seit 2023 stellvertretender Vorsitzender des IAB. Im selben Jahr wurde er in den Vorstand der Internationalen Handelskammer (ICC) Deutschland gewählt.
Zwischen Januar 2017 und Juni 2020 war Herr Wolf Mitvorsitzender der International Organization for Standardization Technical Committee 68 FinTech Technical Advisory Group (ISO TC 68 FinTech TAG). Von One World Identity wurde Herr Wolf im Januar 2017 unter die Top 100 Leaders in Identity gewählt. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Einrichtung von Datenoperationen und globalen Implementierungsstrategien. Er hat während seines gesamten Berufslebens an der Weiterentwicklung grundlegender Unternehmens- und Produktentwicklungsstrategien gearbeitet. Herr Wolf war 1989 Mitgründer der IS Innovative Software GmbH und erster Geschäftsführer der Gesellschaft. Später wurde er Sprecher des Vorstands der Nachfolgegesellschaft IS.Teledata AG. Diese Gesellschaft wurde schließlich Teil der Interactive Data Corporation, wo Herr Wolf die Funktion des Technischen Direktors innehatte. Herr Wolf hat einen Abschluss in Betriebswirtschaft von der J. W. Goethe Universität, Frankfurt am Main.