#1 in der Interviewserie zur finanziellen Eingliederung – Yann Desclercs von Cornerstone Advisory Plus spricht über das Vorgehen gegen den Risikoreduzierungstrend in afrikanischen Ländern mit dem LEI
Nach dem Beginn der Global Business Identity Initiative von GLEIF, mit der das Handelsfinanzierungsdefizit in Afrika ausgeglichen werden soll, kommen wir mit unseren wichtigen Partnern zusammen, um zu erfahren, wie das Projekt ihrer Meinung nach zu einer größeren finanziellen Eingliederung für KMUs auf dem Kontinent und darüber hinaus führen wird.
Autor: Yann Desclercs, Managing Director, Cornerstone Advisory Plus
Datum: 2021-09-28
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Weltweit verfügen kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) nicht über die erforderlichen offiziellen Unterlagen, um Banken, Dienstleistern und anderen Unternehmen gegenüber die eigene Identität nachzuweisen. Somit gestalten sich der Zugang zu Handelsfinanzierung und der Aufbau von Partnerschaften insbesondere in den Entwicklungsländern für Millionen solcher Unternehmen schwierig.
Nach dem Beginn der Global Business Identity Initiative von GLEIF, mit der dieses Handelsfinanzierungsdefizit in Afrika ausgeglichen werden soll, kommen wir mit unseren wichtigen Partnern zusammen, um zu erfahren, wie das Projekt ihrer Meinung nach zu einer größeren finanziellen Eingliederung für KMUs auf dem Kontinent und darüber hinaus führen wird.
Wir haben mit Yann Desclercs, Managing Director, Cornerstone Advisory Plus, darüber gesprochen, wie eine breite Einführung des LEIs im afrikanischen Finanzsystem zu Reduzierung des Handelsfinanzierungsdefizits auf dem Kontinent beitragen könnte. Cornerstone Advisory Plus ist eine Beratungsfirma mit Sitz in der Elfenbeinküste (Cote d ́Ivoire), Westafrika. Sie ist auf Beratungs- und Schulungsleistungen im Bereich Compliance für private und öffentliche Institutionen, wie Regulierungsbehörde und Finanzaufsichtseinrichtungen, spezialisiert.
Im Rahmen der mehrere Stakeholder umfassenden Strategie hat Cornerstone Advisory Plus die Koordination des Projekts in Zusammenarbeit mit anderen Projektpartnern unterstützt. Zudem hat das Cornerstone-Team technische Informationen und Erkenntnisse geliefert, die Einbindung von Stakeholdern erleichtert und Datenanalysen mit einem speziellen Fokus auf Compliance- und KYC-Daten durchgeführt. Cornerstone Advisory Plus hat zudem eine frankofon westafrikanische und internationale Perspektive in das Projekt eingebracht.
Nach der Arbeit mit Finanzinstituten vor Ort in Afrika: Welche Auswirkungen könnte ein umfassender LEI-Einsatz auf das breitere Finanzsystem haben?
Afrikanische Finanzinstitute verfügen nur über einen begrenzten Zugang zu internationalen Netzwerken für Korrespondenzbankgeschäfte. Sie haben nämlich entweder nicht die kritische Größe, die in puncto Aktivitätsvolumen erforderlich ist, oder – und dies ist meistens der Grund – sie erfüllen die Standards und die Sanktionsregelungen zur Bekämpfung von Geldwäsche und zum KYC-Aspekt nicht vollständig. Deshalb betrachtet der internationale Finanzsektor das afrikanische Finanzsystem als hochriskant. Aus diesem Grund sind die internationalen Banken zu der Annahme gelangt, dass der Aufbau von Verbindungen mit diesen Instituten zu teuren Due-Diligence-Prozessen führen würde, deren Kosten die potenziellen Erträge durch Transaktionsgebühren überwiegen würden. Das Ergebnis von Risiko-Ertrags-Analysen hält diese Banken in der Regel davon ab, Verbindungen mit afrikanischen Finanzinstituten einzugehen. Auch kann es geschehen, dass sie bestehende Beziehungen folglich beenden, was als Risikoreduzierung bezeichnet wird.
Der breite LEI-Einsatz kann größere Transparenz im afrikanischen Finanzsystem schaffen. Dadurch ließen sich die Risikobewertungen für einzelne Unternehmen sowie der Eindruck von dem System selbst verbessern. In der Folge würde es für ein weltweites Netzwerk an internationalen Finanzinstituten offenstehen. Dies würde sich zweifelsohne positiv auf die wirksame Eingliederung afrikanischer Finanzinstitute in die Weltwirtschaft auswirken.
Glauben Sie, dass sich ein breiter LEI-Einsatz ebenfalls auf die KMUs in der Region auswirken könnte?
Natürlich. Wir wissen, dass sich die Risikoreduzierung enorm auf die afrikanischen Volkswirtschaften und insbesondere KMUs, die den größten Teil der Wirtschaft darstellen, auswirkt. Ein kürzlich erschienener Bericht der Afrikanischen Entwicklungsbank und der Afreximbank zeigt, dass das Handelsfinanzierungsdefizit in Afrika schätzungsweise 81 Mrd. US-Dollar beträgt. Zurückzuführen ist es zu einem Großteil auf Compliance- und KYC-Probleme sowie die Risikoreduzierung. Besonders betroffen von diesem Problem sind KMUs. Eine Umkehr dieses Risikoreduzierungstrends mithilfe einer besseren Transparenz des afrikanischen Finanzsystems durch die breite LEI-Einführung würde dazu beitragen, dass sich das Handelsfinanzierungsdefizit für KMUs und die breiteren afrikanischen Volkswirtschaften verringert.
Wie kann die LEI-Initiative die Banken bei ihren internen Prozessen unterstützen? Wie können sie in der Folge effizienter werden?
Banken, die sich an dieser LEI-Initiative beteiligen und die Rolle einer Validierungsstelle einnehmen, können mithilfe Ihres bestehenden KYC-Prozesses LEIs für ihre Kunden beziehen – mit minimalem oder gar keinem zusätzlichen Aufwand, je nach dem KYC-System der jeweiligen Bank. Somit können teilnehmende Banken solide globale Unternehmenskennungen für ihre Kunden erhalten und diese bei den weltweit anerkannten Verifizierungsprozessen unterstützen. Gleichzeitig optimieren sie noch ihre internen Prozesse für regelmäßige KYC-Erneuerungen und laufende aktuelle Kundeninformationen.
Mit einem LEI ausgestattete Kunden bieten aber noch einen weiteren wichtigen Vorteil: die einfache Bestimmung von übergeordneten Verbindungen zwischen Unternehmen, die die GLEIF-Datenbank nutzen. Dies kann sich als besonders nützlich bei der Einrichtung von Verbindungen zum wirtschaftlichen Eigentum erweisen, die laut den FATF-Empfehlungen und den Gesetzen der meisten Länder vorgeschrieben sind. All diese Effizienzsteigerungen im KYC-Prozess könnten letztendlich zu einer größeren Kosteneffizienz führen, indem Compliance-Ressourcen proportional umverteilt werden und ein effektiver risikobasierter Ansatz gemäß der ersten FATF-Empfehlung angewandt wird. Letztere hat Einzug in die meisten internationalen und nationalen Gesetze gefunden.
Welche strategischen Vorteile ergeben sich für die Banken durch die Beteiligung an der LEI-Initiative? Inwiefern trägt sie zur Steigerung ihrer Erträge, ihrer Chancen oder ihres Marktanteils bei?
Teilnehmende Banken profitieren von der verbesserten Risikowahrnehmung im internationalen Finanzsektor, die letztendlich zu einer höheren Handelskapazität und einem größere Marktanteil führt. Zudem können Sie einen Wettbewerbsvorsprung entwickeln, indem sie ihren Kunden weltweit anerkannte Unternehmenskennungen anbieten, wodurch ihre KMUs und Unternehmenskunden weitere Vorteile erhalten.
Dieser Wettbewerbsvorsprung könnte zusammen mit der erweiterten Handelskapazität zu einem erheblichen Wachstum bei Marktanteilen wie auch Erträgen führen – vorbehaltlich einer abgestimmten und adäquaten Vertriebs-, Marketing- und Kommunikationsstrategie natürlich.
Welche Art von ID-Diensten könnte eine afrikanische Bank entwickeln, sobald sie ihre KMU-Kunden mit LEIs ausgestattet hat?
Hier gibt es fast keine Grenzen. Für dieses Interview konzentrieren wir uns jedoch auf die bestehenden Plattformen, wie das MANSA-Repository, das von einer Partnerschaft unter der Leitung der Afreximbank erstellt wurde und verwaltet wird. Das MANSA-Repository ist eine Einzelquelle mit den Primärdaten, die für die Durchführung der Kunden-Due-Diligence bei afrikanischen Unternehmen, einschließlich Finanzinstituten, Kapitalgesellschaften und KMUs, erforderlich sind. Vorbehaltlich einer Vereinbarung zwischen der MANSA-Initiative und GLEIF könnte der LEI als eine Option/Wahl für den Teil der Identifikationsüberprüfung des Repositorys angeboten werden. Da der LEI eine international anerkannte weltweite Unternehmenskennung ist, könnte er die bereits etablierte Reputation des MANSA-Repositorys noch steigern und den Onboardingprozess für alle Stellen, die bereits über einen LEI verfügen, beschleunigen.
Der beschleunigte Onboardingprozess könnte auf jede andere nationale oder regionale ID-Plattform auf dem Kontinent angewandt werden. Für eine entsprechende Umsetzung in der Praxis bedarf es Gesprächen zwischen GLEIF und den Plattformverwaltern auf dem ganzen Kontinent, um Kooperationsmöglichkeiten zu schaffen und so einen LEI-basierten Onboardingprozess in den bestehenden ID-Plattformen zu erreichen.
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Durch seine Arbeit bei internationalen Finanzinstituten, wie der Citibank und globalen Wirtschaftsprüfern verfügt Yann Desclercs über mehr als 20 Jahre Erfahrung in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, operationelles Risiko, Compliance und Geldwäschebekämpfung in Westafrika. Während seiner zehnjährigen Tätigkeit bei der Citibank arbeitete er an vielen verschiedenen Schlüsselinitiativen als Vice President und Regional Chief Compliance Officer für Westafrika. Yann Desclercs trat 2017 als Managing Director bei Cornerstone Advisory Plus ein, wo er nach wie vor beschäftigt ist. Mittlerweile ist er im Compliance-Bereich tätig und unterstützt Banken dabei, ihre Compliance-Systeme in einem herausfordernden Umfeld, das von der Risikoreduzierung im Korrespondenzbankgeschäft geprägt ist, an die internationalen Standards anzupassen.