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Modernisierung der Handelsfinanzierung mit dem LEI

Der Legal Entity Identifier ist der Schlüssel zu einer schnelleren, günstigeren und sichereren Abwicklung von Handelsgeschäften in der Zukunft


Autor: Stephan Wolf

  • Datum: 2018-11-29
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Der Lebenszyklus von Handelsgeschäften ist komplex und erfordert in der heutigen digitalisierten Welt einen überraschend hohen manuellen Bearbeitungsaufwand.

Es besteht eine große Chance, Technologien zur automatisierten Verifizierung der Identität von Rechtsträgern wie den Legal Entity Identifier (LEI) zu nutzen, um im Handelsfinanzierungssystem in fast jeder Hinsicht für einen besseren Ablauf zu sorgen: Er wird dadurch schneller, kosteneffizienter und sicherer.

In einem gemeinsamen Arbeitspapier von McKinsey & Company und der Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF) wurde festgestellt, dass Banken durch die Einführung des LEIs bei nur einem der zahllosen Handelsfinanzierungsprozesse, nämlich dem Ausstellungsprozess von Akkreditiven, jährlich bis zu 500 Mio. USD einsparen könnten.

Dieser Prozess ist besonders zeitaufwendig und umfasst mehrere Schritte, die Identitätsprüfungen und Abstimmungen erfordern. Zur Minderung von Risiken und Einhaltung der Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäscherei (AML-Richtlinien) und der Know-Your-Customer (KYC)-Due Diligence müssen die Banken der Käufer und Verkäufer verschiedene Kontrahentenprüfungen durchführen. Hierbei entfällt ein großer Anteil auf die umständliche Dokumentation in Papierform und manuelle Datenbanksuchvorgänge, die anfällig sind für ungenaue Resultate, da sie nur namensbasierte Suchen unterstützen.

Durch den Einsatz des LEIs können viele dieser Verfahren automatisiert werden. Dadurch wird die unmittelbare, digitalisierte Identifikation der an den Transaktionen beteiligten Rechtsträger ermöglicht. So können Banken die Zeit und Ressourcen, die für Hintergrundüberprüfungen und Nachforschungen aufgewandt werden, drastisch reduzieren.

Neben diesen Effizienzsteigerungen würde der Einsatz von LEIs zu einem verbesserten Risikomanagement beitragen, da Banken dadurch ein ganzheitlicheres Bild der handelnden Rechtsträger erhielten und die Betrugserkennung optimiert würde. Anhand des LEIs eines Rechtsträgers könnte zum Beispiel eine Verkäuferbank ausstehende Rechnungen zurückverfolgen, um verdächtige Aktivitäten, wie mehrere Rechnungen für dieselbe Lieferung, zu identifizieren.

Kurz gesagt, der LEI macht zwei wesentliche Tätigkeiten eines komplizierten Prozesses – Überprüfung von Rechtsträgern und Rückverfolgung der Vorgeschichte eines Rechtsträgers – deutlich einfacher.

Auch Investmentbanken können davon profitieren. Das zuvor erwähnte gemeinsame Arbeitspapier kam ferner zu dem Schluss, dass die jährlichen Kosten für Handelsabwicklung und Onboarding bei einer breiter angelegten, weltweiten Einführung des LEIs um 10 % reduziert werden könnten. Dies hätte eine Reduzierung der Gesamtkosten für Kapitalmarkttransaktionen um 3,5 % zur Folge, die sich allein für die globale Investmentbanking-Branche auf eine jährliche Ersparnis in Höhe von über 150 Mio. USD beläuft.

Die Vorteile der Nutzung des LEIs sind jedoch bei Weitem nicht nur auf Banken beschränkt. Die Technologie dürfte auch erhebliche positive Auswirkungen auf die Geschäftswelt haben. Zunächst würde die allgemeine Einführung des LEIs ein sehr viel einheitlicheres Kundenerlebnis für Unternehmen ermöglichen, die Zugang zu Krediten suchen.

Im früheren Monatsverlauf hat die regionale Konsultationsgruppe des Financial Stability Board (Finanzstabilitätsrats) für Asien erwähnt, dass die Einführung des LEIs zusammen mit anderen digitalen Technologien, Schulungen und dem Kapazitätsaufbau eine Lösung zur Überwindung verschiedener Barrieren darstellen könnte, mit denen Unternehmen beim Zugriff auf die Handelsfinanzierung konfrontiert sind. Sie bemerkte: „Obwohl fast 80 % des Handels durch Kredite oder Kreditversicherung finanziert werden, ist der Zugang der Rechtsträger, insbesondere unter den kleinen bis mittleren Unternehmen, ungleichmäßig.“ Dabei gab sie „die Wahrnehmung des Länder- und Gegenparteirisikos, die Anforderungen hinsichtlich der Bekämpfung der Geldwäscherei und Know-Your-Customer sowie die Kapitalkosten, welche die Risikoeigenschaften der Handelsfinanzierung nicht vollständig widerspiegeln“ als Hindernisse an, die möglicherweise angegangen werden könnten.

Asian Development Bank (Asiatische Entwicklungsbank): „Dank der Suchmöglichkeiten von GLEIF können Unternehmen neue Käufer und Verkäufer in Zielmärkten ausfindig machen und beurteilen.“

Im August 2018 ging Janet Hyde, eine Anlageexpertin der Asian Development Bank, einen Schritt weiter und deutete darauf hin, dass der LEI zum Wachstum der Unternehmen beitragen und deren Zugang zu Krediten erleichtern wird. In einem Blogbeitrag mit dem Titel „How LEI will transform small business in Asia“ (siehe „Links zum Thema“ unten) erklärt sie: „Zunächst können Unternehmen dank der Suchmöglichkeiten von GLEIF neue Käufer und Verkäufer in Zielmärkten ausfindig machen und beurteilen. So können sie die Expansion ihrer Unternehmen mit größerer Zuversicht vorantreiben. Der Aufbau solcher Datenbanken hilft auch großen Organisationen, neue Unternehmen, einschließlich KMUs, zu finden, mit denen sie Geschäfte tätigen können. Dies wiederum schafft neue Geschäftsmöglichkeiten für jene Unternehmen, die schon bereit und in der Lage sind, sich an den Lieferketten in Asien zu beteiligen.“

Die LEIs sind mit wichtigen Referenzdaten verbunden, die eine klare und eindeutige Identifikation von Rechtsträgern, die an Finanztransaktionen beteiligt sind, ermöglichen. Jeder LEI enthält Informationen über die Eigentumsstruktur des Rechtsträgers und beantwortet somit die Fragen „Wer ist wer“ und „Wer gehört wem“. GLEIF hat den Global LEI Index veröffentlicht. Er enthält historische sowie aktuelle LEI-Einträge, einschließlich der dazugehörigen Referenzdaten, zusammengeführt in einer maßgeblichen Quelle. Der Global LEI Index ist die weltweit einzige Online-Quelle, aus der Sie offene, standardisierte und hochwertige Referenzdaten über Rechtsträger beziehen können. Er ermöglicht eine effiziente, transparente und vertrauenswürdige Identifikation von Rechtsträgern.

GLEIF bietet verschiedene Möglichkeiten des Zugriffs auf den öffentlich verfügbaren LEI-Datenbestand, z.B. über ihre webbasierte Suchmaschine oder ihren Service zum Herunterladen von Dateien. Je nach der gewählten Art des Zugriffs auf den LEI-Datenbestand können Benutzer weitere Informationen beschaffen, die für einen LEI-Eintrag relevant sind, wie angereicherte Referenzdaten oder andere Kennungen, die dem LEI zugeordnet sind. Jede interessierte Partei kann hierauf zugreifen und den gesamten LEI-Datenbestand kostenlos durchsuchen, ohne sich anmelden zu müssen.

Angesichts der vielfachen Vorteile des LEIs für die Anbieter von Handelsfinanzierungsdienstleistungen und Unternehmen, die diese in Anspruch nehmen, wird es schwieriger, Argumente gegen die allgemeine Einführung anzuführen. Die Unterstützung für den LEI wächst im Einklang mit der zunehmenden Sensibilisierung der Anspruchsgruppen, und der weltweite Einsatz wird beschleunigt. Janet Hyde bemerkte: „Der LEI müsste von allen Rechtsträgern eingeführt werden, nicht nur von Finanzinstituten und Handelsgesellschaften. Dazu zählen Regierungsstellen, Behörden, Unternehmen, Grundbuchämter, Aktienregister, Steuerbehörden, Sanktionslisten, Verzeichnisse im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Geldwäscherei und Know-Your-Customer sowie Wirtschaftsprüfer. Nur so können wahrhaft umfassende und aussagekräftige Portfolios von Informationen erfolgreich angelegt werden.“ Abschließend bemerkt sie: „Durch die breit angelegte Einführung wird der LEI die Kommunikation über verschiedene Plattformen hinweg ermöglichen, da ein Standard zugrunde gelegt wird, dem alle Marktteilnehmer zustimmen können und der den gesamten Lebenszyklus der Transaktionen unterstützt.“

GLEIF stimmt voll und ganz zu, und wir ermuntern alle Anspruchsgruppen im Bereich der Handelsfinanzierung, darüber nachzudenken, wie der LEI zur Transformation ihres Betriebs beitragen kann.

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Über den Autor:

Stephan Wolf war der CEO der Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF) (2014–2024). Seit März 2024 leitet er das Industry Advisory Board (IAB) der Digital Standards Initiative der Internationalen Handelskammer (ICC), der globalen Plattform für die Angleichung, Einführung und Einbindung digitaler Standards. Vor seiner Ernennung zum Vorsitzenden war er seit 2023 stellvertretender Vorsitzender des IAB. Im selben Jahr wurde er in den Vorstand der Internationalen Handelskammer (ICC) Deutschland gewählt.

Zwischen Januar 2017 und Juni 2020 war Herr Wolf Mitvorsitzender der International Organization for Standardization Technical Committee 68 FinTech Technical Advisory Group (ISO TC 68 FinTech TAG). Von One World Identity wurde Herr Wolf im Januar 2017 unter die Top 100 Leaders in Identity gewählt. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Einrichtung von Datenoperationen und globalen Implementierungsstrategien. Er hat während seines gesamten Berufslebens an der Weiterentwicklung grundlegender Unternehmens- und Produktentwicklungsstrategien gearbeitet. Herr Wolf war 1989 Mitgründer der IS Innovative Software GmbH und erster Geschäftsführer der Gesellschaft. Später wurde er Sprecher des Vorstands der Nachfolgegesellschaft IS.Teledata AG. Diese Gesellschaft wurde schließlich Teil der Interactive Data Corporation, wo Herr Wolf die Funktion des Technischen Direktors innehatte. Herr Wolf hat einen Abschluss in Betriebswirtschaft von der J. W. Goethe Universität, Frankfurt am Main.


Tags für diesen Artikel:
Kundenbetreuung, Datenverwaltung, Digitale Identität, Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF), Global LEI Index, Know-Your-Customer (KYC), Vorteile eines LEI aus unternehmerischer Sicht, Open Data, Risikomanagement, Regulierung, Standards