Legal Entity Identifiers (LEIs): Wie eine globale Best Practice zur Identifizierung vertrauenswürdiger Unternehmen nachhaltiges Wirtschaftswachstum in Afrika unterstützen könnte
Vertrauenswürdige Identität: ein entscheidendes Element für die wirtschaftliche Zukunft Afrikas
Autor: Stephan Wolf
Datum: 2019-09-23
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Vor dem Hintergrund der kontinentweiten Konjunkturabkühlung im Jahr 2016 haben die Volkswirtschaften Afrikas sich als belastbar erwiesen. Für 2019 prognostiziert die Afrikanische Entwicklungsbank für den gesamten Kontinent ein BIP-Wachstum von 4 %, und mit dem im März 2018 beschlossenen Abkommen zur Errichtung der African Continental Free Trade Area wurde die größte Freihandelszone der Welt geschaffen. Mit den richtigen Rahmenbedingungen für die Zukunft könnte der Kontinent so eine ökonomisch tragende Rolle auf der Weltbühne einnehmen.
Angesichts der zahlreichen Wachstumschancen ist es wichtiger denn je anzuerkennen, welche Rolle vertrauenswürdige Identitäten für die Schaffung erfolgreicher Handelsbedingungen spielen. Im Rahmen Ihrer Geschäftstätigkeit sind Informationen darüber, mit wem Sie Geschäfte tätigen, ein wichtiger Faktor zur Minderung von Risiken, zur Betrugsbekämpfung und letztendlich für den Erfolg – oder Misserfolg – einer Transaktion (oder, in anderen Größenordnungen betrachtet, sogar eines ganzen Landes).
Von ebenso großer Bedeutung ist die vertrauenswürdige Identität im Zusammenhang mit Handelsfinanzierungen. Angesichts der afrikanischen Handelsfinanzierungslücke, die von der Afrikanischen Entwicklungsbank auf ungefähr 120 Mrd. USD beziffert wird, sollten alle Unternehmungen, die eine Minimierung von Finanzierungshindernissen – wie beispielsweise Fehlen einer verifizierten Identität – anstreben, mit Nachdruck verfolgt werden.
Dennoch wird die Wirtschaftstätigkeit in einigen Entwicklungsländern der Welt schätzungsweise zu mehr als 50 % von nicht registrierten Rechtsträgern – oder von Unternehmen ohne transparente Referenzen – ausgeübt. Das Fehlen einer vertrauenswürdigen Identität kann Hinderungsgrund für die Teilnahme am interregionalen und internationalen Handel sein und Unternehmen von wichtigen Dienstleistungen, wie Lieferketten, Zahlungsverkehr und, wie bereits erwähnt, Finanzierungen, ausschließen. Unter extremen Umständen kann dies zu steigender Anfälligkeit für Korruption und Betrug führen. Die Folge wäre eine stärkere Konjunkturabkühlung und Abhängigkeit von Entwicklungshilfe.
GLEIF unterstützt die Vision, dass erfolgreiche Volkswirtschaften mit vertrauenswürdigen Transaktionen beginnen. Diese Vision lässt sich durch einen universellen und transparenten Identifizierungsmechanismus für die gesamte Geschäftswelt in die Volkswirtschaften integrieren – den Legal Entity Identifier (LEI).
Was ist ein LEI?
Jedes Unternehmen kann einen LEI – einen zwanzigstelligen, alphanumerischen Code, der auf dem von der Internationalen Organisation für Normung (ISO) entwickelten Standard ISO 17442 basiert – beantragen. Er ist mit wesentlichen Referenzdaten verknüpft, die einen Rechtsträger beschreiben, einschließlich seines Namens und seiner Eigentumsstruktur (mit Angaben zu „Wer ist wer“ und „Wer gehört wem“), und die über Drittquellen validiert werden. LEIs werden zusammen mit den entsprechenden Referenzdaten in einem weltweiten Online-Verzeichnis, dem Global LEI Index, veröffentlicht, der von der Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF) geführt wird. Dies ist weltweit die einzige Online-Quelle für offene, standardisierte und hochwertige Rechtsträger-Referenzdaten, die kostenlos abrufbar sind. Damit bietet GLEIF Transparenz auf dem globalen Markt.
GLEIF: gegründet auf Transparenz und Einfachheit
In der Vergangenheit war die genaue Identifizierung von Rechtsträgern auf globaler Ebene eine komplizierte, zeit- und kostenaufwendige Aufgabe. Bevor es LEIs gab, musste in Ermangelung einer einzigen offenen und aktuellen Datenbank, die standardisierte und einheitliche Daten zu Rechtsträgern enthält, zu Identifizierungszwecken in hohem Maße auf manuelle Überprüfungen über mehrere Quellen zurückgegriffen werden. Viele Quellen verwendeten eher Namen als Kennungen, was zu Verwirrung führen konnte. Beispielsweise hat die Kundendienstabteilung einer großen Bank unlängst herausgefunden, dass sie dieselbe Organisation unter durchschnittlich fünf Namen – mit geringfügigen Abweichungen in ihrer Datenbank – führte. Diese Art von Unstimmigkeiten, die sich auf globaler Ebene über Abteilungen desselben Unternehmens, Geschäftsbereiche und Rechtsordnungen erstrecken, machen die Rückverfolgung und Verknüpfung von Rechtsträgerdaten aus mehreren Quellen besonders schwierig. Die daraus resultierende fehlende Transparenz hat in der Vergangenheit zu Finanzkrisen, Marktmissbrauch und Betrug geführt.
Nach der Finanzkrise im Jahr 2008 benötigten Aufsichtsbehörden und Akteure an den Kapitalmärkten eine schnelle Einschätzung, inwieweit Marktteilnehmer dem Lehman Brothers-Risiko und dem jeder ihrer Hunderte von Tochtergesellschaften ausgesetzt waren. Daran zeigte sich ein entscheidender Bedarf nach einem System, das Risiken auf Rechtsträgerebene statt auf der zusammengefassten Ebene der Muttergesellschaft identifizieren und verstehen konnte. Um hier Abhilfe zu schaffen, setzte sich das Financial Stability Board (FSB) zusammen mit den Finanzministern und Vorsitzenden von Notenbanken der G20 für die Entwicklung eines universellen LEIs ein, der für jeden Rechtsträger, der an einer Finanztransaktion beteiligt ist, Anwendung findet. GLEIF wurde daraufhin vom FSB gegründet, um die Umsetzung und Nutzung des LEIs zu unterstützen.
Warum ist der LEI wichtig für das Wirtschaftswachstum?
Bisher haben sich die aufsichtsrechtlichen Maßnahmen hinsichtlich des LEIs hauptsächlich auf Initiativen konzentriert, die für den LEI im regulatorischen Berichts- und Aufsichtswesen für Transaktionen mit Finanzinstrumenten von Relevanz sind. Dies ist Ausdruck des unmittelbaren Ziels, das mit der Einführung des LEI-Standards nach der Finanzkrise verfolgt wird: die Fähigkeit von Behörden zu verbessern, um systemische und entstehende Risiken zu evaluieren, Trends zu identifizieren und Korrekturmaßnahmen zu ergreifen. Abgesehen von den aktuellen Mandaten ergeben sich jedoch zahlreiche makroökonomische Vorteile aus einem vertrauenswürdigen, universellen Mechanismus zur Identifikation von Rechtsträgern, der von allen Marktteilnehmern aller Branchen genutzt wird: Chancen auf finanzielle Inklusion für alle Unternehmen, ein besseres Risikomanagement und die Möglichkeit einer besseren Betrugsbekämpfung, um nur einige zu nennen.
Wie kann der LEI Geschäftsprobleme beheben?
Neben den wirtschaftlichen Vorteilen, die der LEI bietet, kann er Unternehmen weitere wesentliche Vorteile verschaffen. Ein GLEIF-Bericht untersucht die Herausforderungen der Rechtsträgeridentifikation bei Finanzdienstleistungen. Eine neue Zukunft für die Identifikation von Rechtsträgern kam zu dem Ergebnis, dass das Onboarding neuer Unternehmen eine der größten Herausforderungen darstellt, da kein rationeller Prozess zur Verfügung steht. Über die Hälfte der im Bankwesen tätigen Verkaufsmitarbeiter (57 %) gaben an, 27 % ihrer Arbeitswoche (d. h. mehr als eineinhalb Tage pro Woche) mit dem Onboarding neuer Kundenunternehmen zu verbringen. Angesichts der Tatsache, dass mehr als die Hälfte der Finanzinstitute während des Onboarding-Prozesses durchschnittlich vier Kennungen zur Identifizierung von Kundenunternehmen verwenden, wird deutlich, dass der gesamte Prozess voller Ineffizienzen steckt.
Hinzu kommt, dass diese Ineffizienzen wesentlichen Einfluss auf das Geschäft haben. 39 % der Befragten gaben an, das Risiko eines Geschäftsverlusts zu sehen, da der Prozess zu lang und komplex sei, wobei 15 % des Neugeschäfts aufgrund der Tatsache, dass Kunden hinsichtlich des Prozesses die Geduld verlieren, gefährdet sind und 14 % der Aufträge verloren gehen, weil die Identität des Kunden nicht verifiziert werden kann.
Diese Zahlen sind für jedes Unternehmen signifikant und bestätigen eindeutig, wie die Einführung des LEIs für Kundenunternehmen einen reibungsloseren Onboarding-Prozess bewirken kann. Dadurch wird das Kundenerlebnis verbessert, das Risiko von Geschäftsverlusten reduziert und die Effizienz optimiert. Beispielsweise kam der Bericht zu dem Ergebnis, dass durch die Einführung des LEIs bei der Abwicklung des Onboarding am Kapitalmarkt und des Wertpapierhandels die jährlichen Kosten für Handelsabwicklung und Onboarding um 10 % reduziert werden könnten. Dies hätte allein für die globale Investmentbanking-Branche eine Reduzierung der Gesamtkosten für Kapitalmarkttransaktionen um 3,5 % (jährliche Ersparnis in Höhe von über 150 Mio. USD) zur Folge. Diese Ergebnisse sind von großer Bedeutung und geben, übertragen auf die breitere Geschäftswelt außerhalb der Finanzdienstleistungen, Aufschluss über die Effizienzen, die der LEI vielen Branchen bieten kann.
LEIs: Warum Afrika und warum zu diesem Zeitpunkt?
Die jüngsten regulatorischen Veränderungen haben zu einer Konsolidierung im afrikanischen Bankensektor geführt, die diese Branche stärker und robuster gemacht hat. Durch den aktuellen Nachhaltigkeitsfokus des gesamten Kontinents ist jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, weitere Möglichkeiten zu prüfen, um diesen Sektor zukunftssicher zu machen, und zwar durch die Einführung einer globalen digitalen Identität, die Kosten senkt, Onboarding und Handel vereinfacht und zu einem umfassenderen Verständnis des Marktes führt.
Auf makroökonomischer Ebene wird die digitale Transformation Afrikas mit zunehmender Stabilisierung seiner Volkswirtschaften ebenfalls Fortschritte machen. In der digitalen Welt von heute erfüllen LEIs einen echten Bedarf. Über eine einzige globale, digitale Identität ermöglichen sie die universelle, einheitliche und transparente Identifizierung von mehreren Millionen Rechtsträgern auf unserem Planeten. Sie schaffen damit die Vertrauensbasis, die erforderlich ist, um die Bedingungen für einen internationalen Handelserfolg zu optimieren. Der LEI bietet bei jeder Geschäfts- oder Online-Interaktion Gewissheit im Zusammenhang mit der Identität und vereinfacht allen die Teilnahme am globalen Markt.
Der LEI ersetzt Daten-Silos durch einen Standardansatz, beseitigt die Komplexität von Geschäftsvorgängen und ermöglicht es, klügere, wirtschaftlichere und verlässlichere Entscheidungen über die Wahl geschäftlicher Vertragspartner zu treffen.
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Stephan Wolf war der CEO der Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF) (2014–2024). Seit März 2024 leitet er das Industry Advisory Board (IAB) der Digital Standards Initiative der Internationalen Handelskammer (ICC), der globalen Plattform für die Angleichung, Einführung und Einbindung digitaler Standards. Vor seiner Ernennung zum Vorsitzenden war er seit 2023 stellvertretender Vorsitzender des IAB. Im selben Jahr wurde er in den Vorstand der Internationalen Handelskammer (ICC) Deutschland gewählt.
Zwischen Januar 2017 und Juni 2020 war Herr Wolf Mitvorsitzender der International Organization for Standardization Technical Committee 68 FinTech Technical Advisory Group (ISO TC 68 FinTech TAG). Von One World Identity wurde Herr Wolf im Januar 2017 unter die Top 100 Leaders in Identity gewählt. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Einrichtung von Datenoperationen und globalen Implementierungsstrategien. Er hat während seines gesamten Berufslebens an der Weiterentwicklung grundlegender Unternehmens- und Produktentwicklungsstrategien gearbeitet. Herr Wolf war 1989 Mitgründer der IS Innovative Software GmbH und erster Geschäftsführer der Gesellschaft. Später wurde er Sprecher des Vorstands der Nachfolgegesellschaft IS.Teledata AG. Diese Gesellschaft wurde schließlich Teil der Interactive Data Corporation, wo Herr Wolf die Funktion des Technischen Direktors innehatte. Herr Wolf hat einen Abschluss in Betriebswirtschaft von der J. W. Goethe Universität, Frankfurt am Main.