#4 in der Reg-Check Blog-Serie – LEI infolge zunehmenden Vertrauens der Regulierungsbehörden auch im Mittelpunkt des Vertrauens im Ökosystem für den Zahlungsverkehr
Autor: Stephan Wolf
Datum: 2021-08-31
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Der LEI wird immer öfter in globalen Zahlungen verwendet. Die indische Zentralbank sowie die englische Zentralbank haben die Verwendung des LEIs für große Transaktionen bzw. CHAPS-Zahlungen angeordnet. Seit Anfang 2020 hat GLEIF auf neun öffentliche Konsultationen geantwortet, die von bekannten Regulierungsbehörden und Organisationen innerhalb des Zahlungsbereichs ausgegeben wurden. Dabei wurden die Verwendung des LEIs und das Identitätsmanagement in einem breiten Spektrum von zahlungsbasierten Anwendungsfällen unterstützt. Dieser Blogbeitrag verdeutlicht den Aufstieg des LEIs als vertrauenswürdiges Hilfsmittel im Zahlungsverkehr. Darin werden einige der vielen Anwendungsfälle herausgestellt, in denen der LEI das Potenzial zur Stärkung des Vertrauens und zur Beseitigung von Risiken hat. Beispiele in diesem Zusammenhang sind die Bekämpfung von Geldwäsche im diesbezüglich jüngst veröffentlichten Gesetzespaket der Europäischen Kommission.
Wir müssen nur zur Weltwirtschaftskrise 2008 zurückblicken, um das Worst-Case-Szenario nicht verifizierter Rechtsträger, die an Finanztransaktionen beteiligt sind, vollständig zu verstehen. Der LEI wurde auf Verlangen der G20 und des Financial Stability Board (FSB) als Reaktion auf diese globale Katastrophe geschaffen. Er soll als Hilfsmittel dienen, um an einer Transaktion beteiligte rechtlich eigenständige Organisationen zu bestimmen und folglich innerhalb des Ökosystems für den Zahlungsverkehr Betrug zu reduzieren und die Risiken zu mindern.
Vor dem Hintergrund seines Ursprungs und Zwecks ist es offensichtlich, dass der LEI auch einen potenziell unmessbaren Wert bietet, was Transparenz und Vertrauen in Zahlungstransaktionen betrifft. Dieser Wert ist unter vielen Insidern der Zahlungsbranche anerkannt. In den letzten Jahren erfreute sich der LEI zudem wachsender Unterstützung bei der Verwendung in einem breiten Spektrum von zahlungsbasierten Anwendungsfällen. Es gab einen erheblichen branchenweiten Fortschritt aufgrund von zwei konkreten Mandaten für die LEI-Verwendung, die kürzlich von der indischen Zentralbank und der englischen Zentralbank in spezifischen Zahlungsanwendungen ausgegeben wurden. Des Weiteren beraten viele Regionen und Regulierungsbehörden über die Transformation innerhalb des Ökosystems sowie über die resultierende potenzielle Rolle des LEIs in der Zukunft. Seit Anfang 2020 hat GLEIF Informationen an Regulierungsbehörden und Organisationen aus dem Zahlungsbereich zum LEI und seine Bedeutung im Identitätsmanagement über neun öffentliche Konsultationen weitergegeben. In den kommenden Jahren werden wohl noch viele mehr folgen.
Nachstehend wird eine Zusammenfassung der wichtigen jüngsten Entwicklungen im Zahlungsverkehr aufgeführt. Darin wird die zunehmende Akzeptanz des LEIs als Hilfsmittel für die Schaffung eines erweiterten globalen Ökosystems für den Zahlungsverkehr dargelegt.
Mandat: LEI für große Transaktionen
Die indische Zentralbank hat ein neues Mandat für die Verwendung des LEIs für alle Zahlungstransaktionen im Wert von mindestens 500 Mio. INR (rund 5,5 Mio. EUR) für Rechtsträger ausgegeben, die die von der Zentralbank betriebenen zentralisierten Zahlungssysteme „Real Time Gross Settlement“ (RTGS) und „National Electronic Funds Transfer“ (NEFT) verwenden. Seit dem 1. April 2021 müssen die Banken sicherstellen, dass in allen Überweiser- und Empfängerinformationen in Nachrichten des Zahlungsverkehrs in RTGS und NEFT der LEI aufgeführt wird. Aus den Daten geht hervor, dass Indien im ersten Quartal 2021 auf dem fünften Platz der Länder mit dem höchsten LEI-Wachstum lag. Dies vermittelt einen Eindruck von der Wirkung des Mandats auf die LEI-Vergabe.
Als starke Befürworterin des LEIs hatte die indische Zentralbank diesen bereits zuvor als Bedingung für die Märkte für außerbörsliche (OTC) Derivate und Nicht-Derivate sowie große Unternehmensschuldner eingeführt.
Die Verwendung des LEIs durch die indische Zentralbank zur Bestätigung der Identität von Beteiligten an großen Transaktionen ist der erste Anwendungsfall seiner Art. Doch machen ihn seine potenziellen Vorteile im Rahmen des Risikomanagements zu einer überzeugenden Taktik, deren Einführung auch andere Zentralbanken in Betracht ziehen könnten.
Mandat: LEI im Standard für CHAPS-Nachrichten des Zahlungsverkehrs (ISO 20022)
Im Dezember 2020 veröffentlichte die englische Zentralbank ihre „Grundsatzerklärung: Einführung erweiterter Daten nach ISO 20022 in CHAPS”. In dem Dokument bestätigt die englische Zentralbank ihre proaktive Haltung „zur Unterstützung der breiteren Einführung des LEIs – über den Finanzsektor hinaus – bei Unternehmen. […] die Bank ist davon überzeugt, dass eine breitere Einführung des LEIs zahlreiche zentrale Vorteile freisetzen könnte, und arbeitet mit der Regierung und nationalen und internationalen Akteuren zusammen, um LEI-Anwendungsfälle zu fördern. Dazu zählt ihre potenzielle Funktion bei der Förderung von grenzüberschreitenden Zahlungen im Rahmen der Roadmap des Financial Stability Board wie auch die Funktion, die dem LEI beim Kampf gegen Finanzkriminalität zukommen kann”.
Das Dokument bestätigt die seit Langem bestehende Absicht der englischen Zentralbank, „den LEI bei der Umstellung auf die ISO 20022 in Übereinstimmung mit den branchenweiten Ansichten und dem internationalen Konsens in den Standard für Zahlungsnachrichten ‚CHAPS‘ einzuführen – einschließlich der Richtlinien zu HVPSplus und CBPRplus.”
Dabei wird der folgende Zeitplan der Anfangsphase festgelegt:
Februar 2023: LEIs werden in CHAPS-Nachrichten des Zahlungsverkehrs nach ISO 20022 auf einer „Versand optional”-Basis eingeführt. Während die englische Zentralbank alle CHAPS-Direktteilnehmer ermutigt, LEIs so früh wie möglich zu verwenden, ist dies erst ab dem Frühjahr 2024 verpflichtend.
Frühjahr 2024: Die englische Zentralbank beginnt damit, die Verwendung von LEIs unter bestimmen Umständen vorzuschreiben – mit der Absicht, die Anforderung im Laufe der Zeit auf alle Teilnehmer auszuweiten. Die englische Zentralbank schreibt die Verwendung des LEIs in Fällen vor, in denen die Zahlung eine Geldüberweisung zwischen Finanzinstituten umfasst.
In dem Bericht merkt die englische Zentralbank an, dass Firmen umso eher von den Vorteilen der LEI profitieren, je früher sie diesen einführen. Dem Bericht ist ferner die Absicht der englischen Zentralbank zu entnehmen, die Verwendung des LEIs für alle Transaktionen zu überwachen – um zu beurteilen, ob die Pflicht zur Aufnahme von LEI-Daten auf alle CHAPS-Zahlungen ausgeweitet werden soll. Sollte sich die englische Zentralbank für eine Ausweitung der LEI-Vorschriften entscheiden, wird sie dies branchenweit mindestens 18 Monate im Voraus ankündigen.
Konsultation: Grenzüberschreitende Zahlungen
Im Februar dieses Jahres hat GLEIF einen Blog veröffentlicht, der die FSB-seitige Unterstützung für den LEI in seiner Stage-3-Roadmap zur Verbesserung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs zum Gegenstand hatte. In dieser Veröffentlichung führt das FSB mehrere Fokusbereiche auf, die eine globale Koordination und Maßnahmen erfordern, um all diese Herausforderungen und Reibungen im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr zu überwinden. Besonders zu beachten ist dabei die Identifizierung des Punkts „Etablierung von Unique Identifiers in Proxy-Registern“ als ein wichtiger Baustein in der Roadmap des FSB für einen verbesserten grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr.
In der Roadmap wird ein handlungsorientierter Rahmen dargelegt, der das FSB und GLEIF dazu verpflichtet, in Absprache mit anderen prominenten Akteuren zusammenzuarbeiten, um: „den Geltungsbereich und Hindernisse für die Entwicklung eines globalen Unique Identifier (UI) für grenzüberschreitende Zahlungen und potenziell andere Finanztransaktionen zu analysieren, der bestehende Kennungen einschließlich des LEIs für Rechtsträger berücksichtigt ...“. Diese Zusammenarbeit ist für den Zeitraum von Oktober 2020 bis Dezember 2021 geplant, und GLEIF begrüßt die Gelegenheit, sich daran zu beteiligen.
Als weitere Maßnahme, die dem gleichen Baustein „Etablierung von Unique Identifiers ...“ angehört, wird GLEIF in enger Abstimmung mit dem FSB, dem Regulatory Oversight Committee (ROC) und nationalen Behörden zusammenarbeiten, um Optionen für eine verbesserte LEI-Einführung zu eruieren. Diese Arbeit wird von Juni 2021 bis Juni 2022 stattfinden.
Erfreulicherweise stellt die FSB-Roadmap eine Verbindung zwischen einem verbesserten Ökosystem für den Zahlungsverkehr und der Identifikation von Rechtsträgern dar. Für grenzüberschreitende Zahlungen ist die Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Identitätsprüfung von entscheidender Bedeutung. Aus diesem Grund ist der LEI eine hervorragende potenzielle Lösung. Seine Universalität macht ihn zum perfekten Kandidaten für die Schaffung von Transparenz in Bezug auf die Identifikation von Rechtsträgern im gesamten globalen Zahlungsverkehr.
Konsultation: Sofortzahlungen
Im März 2021 hat die Europäische Kommission ihre Konsultationsstrategie zu Sofortzahlungen in der EU veröffentlicht. Die Konsultation dient der Bestimmung von Hindernissen bei der Schaffung von wirksamen europaweiten Sofortzahlungslösungen, der Beurteilung der Wirksamkeit potenzieller Lösungen sowie der Messung der potenziellen Vorteile und Kosten dieser Lösungen. Der erste Teil dieser Konsultation umfasst die Befragung von Zahlungsdienstleistern und Anbietern von unterstützenden technischen Diensten. Relevant für den LEI sind die Fragen zur Sanktionsprüfung. Die Befragung beschäftigte sich damit, ob ein Bedarf an mildernden Prüfungen von Transaktionen durch Zahlungsdienstleister besteht, an denen zuvor untersuchte oder auf eine weiße Liste gesetzte Kunden beteiligt sind, oder ob eine gemeinsame EU-weite Liste mit falschen Treffern und/oder die Verwendung des LEIs für Firmen und von digitalen IDs für Einzelpersonen durch Sofortzahlungen geschaffene Probleme im Zusammenhang mit der Sanktionsprüfung lösen könnten.
GLEIF begrüßt, dass die Europäische Kommission den LEI als potenzielle Lösung zur Unterstützung der Prüfung von Sofortzahlungstransaktionen gegen Sanktions- und Beobachtungslisten in Erwägung zieht und sich für die Ergebnisse der Befragung interessiert.
Die neue „ Reg-Check Blog-Serie“ von GLEIF zielt darauf ab, einen Blick auf die Akzeptanz und Befürwortung des LEI im öffentlichen und privaten Sektor, in Regionen sowie in verschiedenen Anwendungsfällen zu werfen. Dabei wird beleuchtet, welche Branchenführer, Behörden und Organisationen den LEI zu welchem Zweck unterstützen. GLEIF hofft, durch den sich aus starken regulatorischen Wurzeln ergebenden Erfolg und die daraus erfolgte Zunahme der Befürworter für eine weitere LEI-Regulierung und die freiwillige Einführung des LEIs in neuen und sich entwickelnden Anwendungsbereichen sowohl den gegenwärtigen als auch zukünftigen potenziellen Wert aufzuzeigen, den „eine globale Identität“ für Unternehmen weltweit unabhängig von der jeweiligen Branche bieten kann.
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Stephan Wolf war der CEO der Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF) (2014–2024). Seit März 2024 leitet er das Industry Advisory Board (IAB) der Digital Standards Initiative der Internationalen Handelskammer (ICC), der globalen Plattform für die Angleichung, Einführung und Einbindung digitaler Standards. Vor seiner Ernennung zum Vorsitzenden war er seit 2023 stellvertretender Vorsitzender des IAB. Im selben Jahr wurde er in den Vorstand der Internationalen Handelskammer (ICC) Deutschland gewählt.
Zwischen Januar 2017 und Juni 2020 war Herr Wolf Mitvorsitzender der International Organization for Standardization Technical Committee 68 FinTech Technical Advisory Group (ISO TC 68 FinTech TAG). Von One World Identity wurde Herr Wolf im Januar 2017 unter die Top 100 Leaders in Identity gewählt. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Einrichtung von Datenoperationen und globalen Implementierungsstrategien. Er hat während seines gesamten Berufslebens an der Weiterentwicklung grundlegender Unternehmens- und Produktentwicklungsstrategien gearbeitet. Herr Wolf war 1989 Mitgründer der IS Innovative Software GmbH und erster Geschäftsführer der Gesellschaft. Später wurde er Sprecher des Vorstands der Nachfolgegesellschaft IS.Teledata AG. Diese Gesellschaft wurde schließlich Teil der Interactive Data Corporation, wo Herr Wolf die Funktion des Technischen Direktors innehatte. Herr Wolf hat einen Abschluss in Betriebswirtschaft von der J. W. Goethe Universität, Frankfurt am Main.