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Vom Kontrahentenrisiko bis zum Unternehmenswert: Der Einsatz des LEI an den Kapitalmärkten

Arbeitspapier von Joint McKinsey & Company und GLEIF identifiziert die weiteren Anwendungsbereiche des LEI während des gesamten Lebenszyklus der Kundenbeziehung an den Kapitalmärkten


Autor: Stephan Wolf

  • Datum: 2017-11-24
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Das jüngste von McKinsey & Company und der Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF) herausgegebene Arbeitspapier mit dem Titel ‚Der Legal Entity Identifier: Der Wert einer eindeutigen Kennung für Gegenparteien‘ (‘The Legal Entity Identifier: The Value of the Unique Counterparty ID’) (siehe ‚Links zum Thema‘ unten) zeigt die Anwendungsbereiche des Legal Entity Identifier (LEI) während des gesamten Lebenszyklus der Kundenbeziehung an den Kapitalmärkten anschaulich auf. Der primäre Wert des LEI in diesem Segment leitet sich von der Verringerung der Kosten des Onboarding von Kunden sowie von Middle- und Back-Office-Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Verarbeitung von Aktien-, Anleihen- und anderen Wertpapiergeschäften ab.

Dieser Blog wirft einen genaueren Blick auf den Einsatz des LEI bei Onboarding-Prozessen. Ebenso wichtig ist sein Einsatz bei internen betrieblichen Abläufen. Interne Betriebsteams setzen den LEI verstärkt als das primäre Attribut ein, mit dem Handelsinformationen des Kunden, die oftmals in unterschiedlichen internen Systemen abgelegt und mit verschiedenen Kundenidentifikationsnummern gekennzeichnet sind, erfasst und synchronisiert werden. Sie stellten fest, dass Arbeitsvorgänge im Zusammenhang mit interner Kommunikation und Handelsabgleich durch seinen Einsatz vereinfacht und beschleunigt werden.

Der Einsatz des LEI an Kapitalmärkten

Der Einsatz des LEI in der Branche nahm mit der Umsetzung der Dodd-Frank-Finanzmarktreform (Dodd-Frank Act) in den USA und der European Market Infrastructure Regulation (EMIR) weiter zu. Die Banken haben seitdem auch Vorteile für sich entdeckt, die über die Fähigkeit hinausgehen, Gegenparteien bei Transaktionen mit außerbörslich gehandelten Derivaten (OTC-Derivate) umgehend zu ermitteln. So stellten sie insbesondere fest, dass der LEI über weitere Anwendungsbereiche verfügt, die den gesamten Lebenszyklus der Kundenbeziehung abdecken.

Mit dem LEI Unternehmenswert schaffen: Das Onboarding von Kunden

Das Onboarding von Kunden hat sich für die Banken als ein weiterer Bereich herausgebildet, in dem sie den LEI als wirkungsvollen Identifikator einzusetzen beginnen. Dies gilt insbesondere für Geschäftsaktivitäten im Zusammenhang mit den Anforderungen der Legitimationsprüfung von bestimmten Neukunden zur Verhinderung von Geldwäsche (Know your customer, KYC) und dem Dokumentationsmanagement.

Bei KYC-Prozessen überprüfen die Unternehmen die Identität ihrer Kunden, indem sie fundierte Due Diligence-Prüfungen durchführen. Aufgrund der mangelnden Einheitlichkeit in diesen Prozessen wenden Banken für diese Aufgabe viel Zeit und Ressourcen auf. Erschwerend kommt hinzu, dass möglicherweise in verschiedenen Geschäftsbereichen der Bank für den gleichen Kunden unterschiedliche Identifikatoren verwendet werden. Auch von der Bank zur Unterstützung bei der Erhebung von Daten im Zusammenhang mit KYC beauftragte Diensteanbieter verwenden unter Umständen ihre eigenen Identifikatoren. Was eigentlich eine einfache Aufgabe sein sollte, ist tatsächlich eine komplexe, zeitaufwendige und ressourcenintensive Arbeit.

Darüber hinaus können die Folgen für den Kunden verheerend sein. Wenn zum Beispiel ein Kunde schnell Geld benötigt, platziert er möglicherweise eine Order zum Verkauf einer Anleihe oder Aktie. Nun kann es aber sein, dass die Bank Schwierigkeiten hat, die erforderlichen Dokumente sofort zu ermitteln, da diese mit einer Kontonummer anstelle einer Rechtsträger-Kennung (Legal Entity Identification) versehen sind, und sie somit das Konto des Kunden für den Handel sperrt.

Wenn dagegen alle am Prozess Beteiligten die Kundeninformationen mit einem LEI kennzeichnen würden, wäre dies wesentlich effizienter und transparenter. LEIs können über die Vereinfachung von Prozessen und die Gewährleistung eines besseren Kundenservice hinaus auch die Vollzeitbeschäftigten-Kapazität (FTE-Kapazität) ausweiten, und Banken können schneller mit ihren Kunden Geschäfte abwickeln. Investmentbanken beschäftigen üblicherweise 1.000 bis 1.500 Vollzeitbeschäftigte (FTEs), deren Schwerpunkt das Onboarding ist. Laut McKinsey dauert der Onboarding-Prozess 120 Tage. Würde der LEI auf breiterer Basis genutzt werden, könnte die Dauer des Onboarding deutlich verkürzt werden, sodass Banken den Handel mit ihren Kunden wesentlich früher beginnen könnten. Das Onboarding-Team stünde dann auch für andere Aufgaben zur Verfügung.

Das Arbeitspapier hat eine Schätzung zum Ergebnis, laut der durch die Einführung des LEI bei der Abwicklung des Onboarding am Kapitalmarkt und des Wertpapierhandels die jährlichen Kosten für Handelsabwicklung und Onboarding um 10 Prozent reduziert werden könnten. Dies hätte eine Reduzierung der Gesamtkosten für Handelsabwicklung und Kapitalmarkt-Onboarding um 3,5 Prozent zur Folge, die sich allein für den Bankensektor auf eine jährliche Ersparnis in Höhe von über 150 Mio. USD beläuft.

Banken, die den LEI noch nicht in ihren Handels- und Onboardingprozessen einsetzen, könnten hinsichtlich Effizienz, Schnelligkeit und verbessertem Kundenservice profitieren. Würden sich mehr Rechtsträger für den LEI registrieren, so wäre der Nutzen für alle Banken deutlich höher. Insbesondere würden sie beim Handel mit Kunden durch die Verkürzung der Markteinführungszeit zusätzliche Einnahmen generieren und gleichzeitig das Kundenerlebnis verbessern.

Hier bei GLEIF ermutigen wir Organisationen aktiv zur Einführung von LEIs in ihren tagtäglichen Prozessen. Des Weiteren hoffen wir, dass dieses Dokument das Verständnis über den potenziellen Einsatz von LEIs erweitert und die Debatte über ein entsprechendes Kosteneinsparungs- und Effizienzpotenzial anfachen wird. Die potenziellen Einsatzmöglichkeiten des LEIs gehen weit über den aktuellen Stand hinaus, und GLEIF freut sich schon darauf, diese Ideen mit anderen Organisationen in vielen verschiedenen Sektoren zu erkunden.

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Über den Autor:

Stephan Wolf war der CEO der Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF) (2014–2024). Seit März 2024 leitet er das Industry Advisory Board (IAB) der Digital Standards Initiative der Internationalen Handelskammer (ICC), der globalen Plattform für die Angleichung, Einführung und Einbindung digitaler Standards. Vor seiner Ernennung zum Vorsitzenden war er seit 2023 stellvertretender Vorsitzender des IAB. Im selben Jahr wurde er in den Vorstand der Internationalen Handelskammer (ICC) Deutschland gewählt.

Zwischen Januar 2017 und Juni 2020 war Herr Wolf Mitvorsitzender der International Organization for Standardization Technical Committee 68 FinTech Technical Advisory Group (ISO TC 68 FinTech TAG). Von One World Identity wurde Herr Wolf im Januar 2017 unter die Top 100 Leaders in Identity gewählt. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Einrichtung von Datenoperationen und globalen Implementierungsstrategien. Er hat während seines gesamten Berufslebens an der Weiterentwicklung grundlegender Unternehmens- und Produktentwicklungsstrategien gearbeitet. Herr Wolf war 1989 Mitgründer der IS Innovative Software GmbH und erster Geschäftsführer der Gesellschaft. Später wurde er Sprecher des Vorstands der Nachfolgegesellschaft IS.Teledata AG. Diese Gesellschaft wurde schließlich Teil der Interactive Data Corporation, wo Herr Wolf die Funktion des Technischen Direktors innehatte. Herr Wolf hat einen Abschluss in Betriebswirtschaft von der J. W. Goethe Universität, Frankfurt am Main.


Tags für diesen Artikel:
Kundenbetreuung, Datenverwaltung, Datenqualität, Global LEI Index, Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF), Know-Your-Customer (KYC), Vorteile eines LEI aus unternehmerischer Sicht, Open Data, Risikomanagement