Eine chinesische Perspektive auf den einzigartigen Wert des LEI bei grenzüberschreitenden Zahlungen
Dr. Chuanwei (David) Zou, Direktor des Frontier Research Center am Shanghai Institute for Finance and Development (SHIFD) und Chefökonom von Wanxiang Blockchain, untersucht, wie die zunehmende weltweite Einführung des Legal Entity Identifier (LEI) schnellere, günstigere, transparentere und inklusive grenzüberschreitende Transaktionen ermöglicht – bei gleichzeitiger Wahrung ihrer Sicherheit. Dr. Zou befasst sich außerdem mit der immer wichtiger werdenden Rolle des LEI in der chinesischen Wirtschaft.
Autor: Dr. Chuanwei (David) Zou, Direktor des Frontier Research Center am SHIFD
Datum: 2024-05-28
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Seit 2020 haben die G20 die Verbesserung grenzüberschreitender Zahlungen als eine ihrer wichtigsten Arbeitsprioritäten identifiziert und betont, wie wichtig es ist, neue Anwendungen des LEI zu erkunden. Wie kann eine verstärkte weltweite Einführung des LEI dazu beitragen, einige der größten Herausforderungen bei grenzüberschreitenden Zahlungen zu bewältigen?
Im April 2020 identifizierte der Finanzstabilitätsrat (FSB) „fragmentierte Datenstandards“ und „mangelnde Interoperabilität“ als Hauptprobleme, die die Effizienz grenzüberschreitender Zahlungen beeinträchtigen. Derzeit existieren zahlreiche Standards nebeneinander, um wichtige Informationen über an Finanztransaktionen beteiligte Rechtsträger zu erfassen, wie etwa Namen, offizielle Adresse und andere relevante Details.
Angesichts der Tatsache, dass die Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF) bereits zertifizierte Zuordnungsdienste mit fünf wichtigen Branchenkennungen, darunter dem Business Identifier Code (BIC) von Swift, eingerichtet hat, ist der LEI in der Lage, diese Fragmentierung zu beseitigen und die Interoperabilität im Ökosystem des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs zu verbessern. Diese Verbesserung wird auch die Straight-Through-Processing (STP)-Technik unterstützen, Transaktionen rationalisieren und Reibungsverluste reduzieren.
Im Februar 2024 startete die Financial Action Task Force (FATF) eine öffentliche Konsultation zur Empfehlung 16 und ihrer Auslegungsnotiz. Im Rahmen der vorgeschlagenen Änderungen wird die Verwendung des LEI bei Zahlungen und Wertübertragungen empfohlen, bei denen der Auftraggeber und/oder Begünstigte ein Rechtsträger ist. Welchen Wert kann der LEI angesichts dieser jüngsten Entwicklung für den weltweiten Kampf gegen die Finanzkriminalität haben?
Der LEI wird die Transparenz im gesamten Ökosystem der grenzüberschreitenden Zahlungen deutlich verbessern, indem er die Effizienz des Datenmanagements der Marktteilnehmer steigert und den Informationsabgleich zwischen der Zahlungsnachricht und ihrer eigenen internen Risikomanagementdatenbank optimiert.
Als globale Kennung erleichtert der LEI zudem die Informationskonsolidierung und verbessert die Risikobewertung jedes Rechtsträgers. Dadurch wird der LEI die Einhaltung wichtiger Prozesse und Anforderungen erleichtern, darunter Know Your Customer (KYC), Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Kundensorgfaltspflichten und Sanktionsscreenings.
Die ISO 20022 soll die globale Geschäftskommunikation vereinfachen, und es besteht bereits ein internationaler Konsens über einen schrittweisen Übergang. Gemäß den „Harmonisierten Datenanforderungen nach ISO 20022 zur Verbesserung grenzüberschreitender Zahlungen“ des Ausschusses für Zahlungsverkehr und Marktinfrastrukturen (CPMI) der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich können der LEI und/oder der BIC auch Name und Postanschrift ersetzen oder ergänzen, um die Identifizierung aller an einer grenzüberschreitenden Zahlung beteiligten Rechtsträger auf standardisierte und strukturierte Weise zu unterstützen.
Welche Vorteile bietet die Einbindung der LEI-Referenzdaten in das Nachrichtenformat nach ISO 20022?
Die ISO 20022 ist ein offener Nachrichtenstandard, der sich durch seine Vollständigkeit, Interoperabilität und Flexibilität auszeichnet. Diese Eigenschaften werden zu leichteren, effizienteren und transparenteren grenzüberschreitenden Zahlungen führen. Im Hinblick auf die derzeitige weltweite Migration zu diesem Industriestandard kann die Einbeziehung des LEI in Nachrichten nach ISO 20022 verschiedene Vorteile mit sich bringen. Dazu gehören die Erleichterung von STP, die Ermöglichung eines automatischen Abgleichs, eine Verbesserung der Effizienz grenzüberschreitender zahlungsbezogener Geschäftsprozesse, die Ermöglichung wirksamerer Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowie eine Verbesserung der Interoperabilität und Vernetzung zwischen verschiedenen Zahlungssystemen.
Neben der Verbesserung der Transparenz bei grenzüberschreitenden Zahlungen kann der LEI auch digitalisierte Lieferketten und internationale Geschäftskooperationen aktiv fördern. In China plant die Volksregierung der Stadt Shanghai, im Jahr 2025 eine Pilotzone für die E-Commerce-Kooperation entlang der Seidenstraße einzurichten und eine neue grenzüberschreitende Interoperabilitätsplattform für die digitale Identität auf Basis des LEI zu etablieren.
Welche zukünftigen Anwendungen des LEI können wir in China erwarten?
Die chinesische Regierung legt großen Wert auf die Anwendung des LEI in Bereichen wie der Optimierung des allgemeinen Geschäftsumfelds, der Förderung der wirtschaftlichen Öffnung und der Internationalisierung des Renminbi (RMB). Dieses langjährige Engagement, das sich in der von der Chinesischen Volksbank im November 2020 veröffentlichten Roadmap für die Implementierung des LEI widerspiegelt, hat es China ermöglicht, zu einem der Länder mit der am schnellsten wachsenden LEI-Population zu werden.
Herr Xu Zaiyue, Präsident des Cross-Border Interbank Payment System (CIPS Co., Ltd.), bezeichnete den LEI einst als „Pass für international agierende Unternehmen“. Wie kann der LEI Ihrer Meinung nach chinesische Unternehmen bei der Internationalisierung und internationale Unternehmen bei der Ausweitung ihrer Geschäfte in China unterstützen?
Der LEI kann in diesen beiden Bereichen eine entscheidende Rolle spielen. Als internationaler Standard kann der LEI die digitale Identifizierung von Rechtsträgern in grenzüberschreitenden Szenarien problemlos erleichtern, indem er eine breite Palette bestehender Lösungen wie elektronische Siegel und elektronische Signaturen unterstützt. Der LEI fungiert als wichtige Vertrauensgrundlage für alle Unternehmen, die an grenzüberschreitenden Geschäfts- und Finanzaktivitäten beteiligt sind, indem er offene, standardisierte und qualitativ hochwertige Legal Entity-Referenzdaten bereitstellt. So wird das Vertrauensdefizit, das grenzüberschreitende Transaktionen traditionell kennzeichnet, wirksam angegangen.
Wie wird sich Ihrer Meinung nach die Landschaft des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs bis 2040 entwickeln, angesichts des technologischen Fortschritts, der regulatorischen Änderungen und der steigenden Nachfrage nach günstigeren, schnelleren und transparenteren Transaktionen?
Angetrieben von Markt-, Technologie- und Politikfaktoren tritt das Ökosystem des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs in eine Phase aktiver Innovation ein. Dies wird zusammen mit der Modernisierung der Zahlungssysteme auf nationaler Ebene zu einer tiefgreifenden Umgestaltung der internationalen Finanzinfrastruktur führen.
Bis 2040 sollten alle „quantitativen globalen Ziele“, die in der Roadmap zur Verbesserung grenzüberschreitender Zahlungen enthalten und in der Erklärung der Staats- und Regierungschefs der G20 von Rom anerkannt sind, erreicht sein. Das Ergebnis sollte ein verbessertes Ökosystem für grenzüberschreitende Zahlungen im Hinblick auf Kosten, Transparenz und Zugänglichkeit sein. Auch wenn sich nur schwer prognostizieren lässt, was in den nächsten 20 Jahren passieren wird, gehe ich davon aus, dass die durchschnittlichen Kosten für Zahlungen im weltweiten Einzelhandel bis 2040 auf 0,8 % sinken werden. Der Durchschnittspreis für internationale Überweisungen wird dann auf 2,4 % fallen. Was die Effizienz betrifft, gehe ich davon aus, dass 85 % der grenzüberschreitenden Zahlungen in weniger als einer Stunde und die restlichen 15 % innerhalb eines Arbeitstages abgewickelt werden.
Darüber hinaus wird es zu mehr Transparenz kommen, da die Benutzer den Fluss und Eingang von Geldern in Echtzeit verfolgen können. Außerdem wird erwartet, dass die verschiedenen Großhandelszahlungssysteme bis 2040 so eng miteinander vernetzt sein werden, dass es zu keinen Betriebsunterbrechungen kommt. Zudem werden schnellere Zahlungssysteme besser vernetzt sein und damit eine der ältesten Herausforderungen der Branche lösen.
Was die Datenstandards betrifft, gehe ich davon aus, dass der LEI im gesamten Ökosystem des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs allgegenwärtig sein wird und so ein verbessertes Daten- und Risikomanagement ermöglicht. Aufgrund der erfolgreichen Einführung der ISO 20022 erwarte ich auch die Entstehung neuer Nachrichtenstandards mit noch robusteren Möglichkeiten zum Informationsaustausch.
Abschließend gehe ich davon aus, dass digitales Zentralbankgeld (wCBDCs) und Multiple CBDC Bridge (mBridge) – eine Multi-CBDC-Plattform – einen erheblichen Marktanteil haben und mindestens 25 % des grenzüberschreitenden Zahlungsvolumens ausmachen werden. Dieser Wandel in der Marktdynamik wird einen entscheidenden Paradigmenwechsel in der Branche einläuten und das transformative Potenzial dieser Technologien unterstreichen.
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Dr. Chuanwei (David) Zou ist Direktor des Frontier Research Center des Shanghai Institute for Finance and Development (SHIFD) und Chefökonom von Wanxiang Blockchain. Vor seiner aktuellen Position war Dr. Zou Chefökonom von Bitmain und hatte verschiedene Positionen bei der China Investment Corporation und der Nanhu Finance Corporation inne. Seit 2014 arbeitet Dr. Zou außerdem als Forschungsmitarbeiter mit der Chinesischen Volksbank zusammen. Im Jahr 2015 gewann Dr. Zou den 1. Sun-Yefang-Preis für Finanzinnovation. Dr. Zou hat einen Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften von der Tsinghua-Universität.